Verpackungshersteller leisten einen systemrelevanten Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung. Dies hat die „Corona-Krise“ eindrucksvoll gezeigt. Wichtig ist jedoch, dem Verbraucher umweltfreundliche Verpackungen zur Verfügung zu stellen.

So setzen Preformhersteller in ihren Produktionsprozessen den Ansatz der Kreislaufwirtschaft schon seit langer Zeit effizient um. Sie leisten hier einen besonders bemerkenswerten Beitrag beim Wertstoffkreislauf für PET-Flaschen.

Portrait Georg Pescher

Georg Pescher

Lesen Sie hierzu unser Interview mit Georg Pescher, Geschäftsführer ALPLA-Werke Lehner GmbH & Co KG, Vlotho-Exter.

Herr Pescher, als weltweite Unternehmensgruppe dürfte Alpla besonders von der Corona-Krise betroffen sein. Welche Veränderungen erwarten Sie für die Verpackungs- und Getränkebranche in Europa?

Ja, ALPLA ist international in 46 Ländern tätig. Diese Länder waren bzw. sind in sehr unterschiedlichem Ausmaß vom Coronavirus betroffen und haben auch sehr unterschiedliche Maßnahmen gesetzt. Als Unternehmen haben wir global wie lokal die Krise bis dato sehr gut gemanagt.

Aufgrund unserer Erfahrungen in China haben wir auch in Europa und in Deutschland sehr frühzeitig in den Betrieben verstärkte Hygiene- und Social Distancing-Maßnahmen eingeführt. In Deutschland sind wir bislang ohne Infektionsfälle und Betriebsschließungen durch die veränderte Situation gekommen. Der Schutz unserer Mitarbeiter war stets unser höchstes Ziel.

In der aktuellen Situation sehen wir eine verstärkte Nachfrage nach Verpackungen für Desinfektionsmittel, Reinigungs- und Lebensmittel. Auch in den weiteren Bereichen sehen wir eine robuste Nachfrage. Eine seriöse Prognose ist derzeit aber aufgrund der ungewissen wirtschaftlichen Auswirkungen schwierig. Grundsätzlich erwarten wir aber auch weiterhin einen verstärkten Run auf Verpackungen für Desinfektionsmittel. Fakt ist, dass die Verpackungsindustrie als systemrelevante Industrie beurteilt wurde.

Verpackungen leisten einen wesentlichen Beitrag zur sicheren Versorgung der Bevölkerung mit den Dingen des täglichen Bedarfs. Im Zuge der Krise sind deshalb auch die Funktionen von Verpackungen wieder mehr in den Fokus gerückt: sicherer Transport, Haltbarkeit, Hygiene und Schutz vor Kontamination. Wir hoffen, dass die Bewertung von Kunststoffverpackungen in Zukunft aufgrund dieser Erfahrungen mehr von Fakten als von Emotionen getrieben wird und Vor- und Nachteile objektiver beurteilt werden.

Ihr Unternehmen hat schon früh auf das Recycling von PET-Flaschen gesetzt und betreibt eigene Recyclingwerke. Ist das Recycling von alten PET-Flaschen wieder zu Neuen tatsächlich so einfach?

Das Recycling von PET-Getränkeflaschen ist kein Kinderspiel, aber auch keine Zauberei. Wichtig ist, dass man die Qualitätsanforderungen von der Beschaffung bis zur Auslieferung ernst nimmt, permanent kontrolliert und umsetzt. Dies beinhaltet die Anforderungen an die Eingangware, die gesamte Prozesskette und die Kontrolle des fertigen Produktes.

Alpla Crushed PET-Bottles

Quelle: Alpla – zerdrückte Flaschen zum Recycling

Qualität steckt im Detail. Die Vorstellung, ein paar Millionen Euro in das richtige Equipment zu stecken, ein paar Ballen zu kaufen und dann konstant hochwertiges Rezyklat produzieren zu können, ist naiv. Funktionierende Kreislaufwirtschaft fängt bei der Kaufentscheidung an und hört bei der sachgerechten Entsorgung wieder auf. Das ist die Basis um Recycling überhaupt möglich zu machen.

Was sehen Sie als größte Herausforderungen, um PET-Flaschen aus 100% Rezyklat herzustellen?

Die Herstellung von PET-Flaschen aus 100 % Rezyklat ist grundsätzlich möglich und nicht die große Herausforderung. Nicht möglich ist es allerdings, den ganzen Markt auf 100 % Rezyklat umzustellen. Neben der nicht ausreichenden Verfügbarkeit ist auch zu bedenken, dass es bei jedem Recyclingumlauf zu Verlusten kommt.

Es sollte aber auch nicht das Ziel sein, einzelne Produkte als Feigenblatt auf 100% umzustellen und den größten Teil des Marktes bei 0% zu belassen. Das ist Symbolpolitik ohne nachhaltige Wirkung.

So kann z.B. eine PET 100% Flasche aus ökobilanzieller Sicht trotz der 100% Rezyklate ökologisch ungünstiger sein als viele PET-Einwegflaschen mit niedrigerem Rezyklatgehalt und einem dem Volumen angepassten Gewicht. Es ist nicht zielführend, eine Flasche z.B. in Süddeutschland zu füllen und sie über weite Strecken nach Berlin, Hamburg oder ins Ruhrgebiet zu transportieren.

Es ist also nicht ausreichend, eine Variable zu optimieren und alles andere außer Acht zu lassen. In Summe ist Ergebnis dann eine ökologische und wirtschaftliche Enttäuschung. Ein Rezyklatanteil von 100% ist nicht allein selig machend.

Alpla PET-Flakes für die Kreislaufwirtschaft

Quelle: Alpla – PET-Flakes

Ziel muss eine funktionierende Kreislaufwirtschaft sein, die einen möglichst hohen Rezyklatanteil in möglichst vielen Flaschen ermöglicht. In die Zukunft schauend kann dieser Gehalt über alle Produkte bei 50 bis 80% liegen. Man wird hier zwischen Produktgruppen und Qualitätsanforderungen unterscheiden müssen.

Grundvoraussetzung ist ein klarer rechtlicher Rahmen auf nationaler und europäischer Ebene. Leider ist hier bis auf die Anforderungen für die Lebensmittel und Getränkeindustrie nichts geregelt.

Sie haben eine Ökobilanz bezogen auf Österreich u.a. für Mineralwasser erstellen lassen. PET-Einwegflaschen sind bei einem Rezyklatanteil ab ca. 50% ökologisch günstiger als Glas-Mehrwegflaschen. Können Sie uns begründen, warum dies so ist?

In einer Ökobilanz werden die gesamten Umweltauswirkungen einer Verpackung in ihrem Herstellungs-, Distributions-, Benutzungs- und Entsorgungszyklus abgebildet. Die wichtigsten Wirkungskriterien sind CO2-Emissionen und Wasserverbräuche.

Schaut man auf die CO2-Belastungen der Materialien PET und Glas, zeigt sich, dass PET deutlich CO2-effizienter herzustellen ist als Glas. Die größten Unterschiede sind der große Gewichtsvorteil von PET gegenüber Glas und der niedrigere Energiebedarf bei der Herstellung von PET. Vergleicht man nun noch PET-Neuware mit PET-Rezyklat (rPET), so stellt man fest, dass rPet nur einen Bruchteil an CO2-Emissionen verursacht.

Das erklärt, warum Einwegflaschen mit höherem rPET-Anteil eine bessere Ökobilanz als Glas-Mehrwegflaschen zeigen.

Umweltauswirkungen Von Mineralwasser Verpackungen in der PET Kreislaufwirtschaft Quelle Alpla Roland Fehringer C7 Consult

Quelle: Alpla / Roland Fehringer, C7 Consult – Die Umweltauswirkungen von Mineralwasser-Verpackungen – mehr dazu via www.challengingplastics.com

Die Crux mit Mehrwegflaschen ist, dass die Transportaufwendungen für die vollen und leeren Flaschen anfallen. Die Transportanzahl ist für Vollgut und Leergut gleich. Hingegen verursachen leere PET-Einwegflaschen beim Rücktransport als Ballen gepresst nur einen Bruchteil der CO2-Belastung.

Aus ökologischer Sicht sollte bei Mehrweglösungen in jedem Fall auf Poolflaschen gesetzt werden, die überall zurückgegeben und wiederbefüllt werden können. Das vereinfacht nicht nur das Handling für Konsumenten und alle beteiligten Unternehmen, sondern reduziert auch die Transportaufwendungen enorm.

Sind die Ergebnisse der Ökobilanz auch auf die Kreislaufwirtschaft PET in Deutschland übertragbar?

Wir haben auch eine Ökobilanz für den Mineralwassermarkt in Deutschland durchgeführt. Wir kommen hier zu vergleichbaren Ergebnissen. Zusammenfassend kann man sagen, dass PET ökobilanziell immer besser als Glas abschneidet. Mehrweglösungen der gleichen Materialgruppe zeigen tendenziell bessere Ökobilanzen.

Hier muss jedoch erwähnt werden, dass sich im Einwegbereich die Flaschengewichte reduziert und die Rezyklatanteile deutlich erhöht haben, so dass es hier erhebliche Verbesserungen bis zum ökobilanziellen Gleichstand gegeben hat. Klar ist, die Entwicklung zu nachhaltigeren Verpackungen wird und muss weitergehen.

PET-Flaschen haben im Vergleich zu Glasflaschen einen deutlichen Convenience Vorteil für den Konsumenten, sie sind deutlich leichter und zerbrechen nicht.

Petcycle Preforms mit eckigem Neckring

Quelle: Petcycle – Petcycle Preforms mit eckigem Neckring

Wie bewerten Sie das Vorhaben, dass in absehbarer Zeit alle Petcycle-Flaschen anstatt aus 55% mindestens aus 75% Rezyklat bestehen sollen?

Wir unterstützen die Erhöhung von 55% auf 75% grundsätzlich. Ein Knackpunkt ist die Verfügbarkeit das Recyclingmaterials in der geforderten Qualität. Wie schon vorhin angemerkt, hier braucht es klare Rahmenbedingungen und natürlich die nötige Infrastruktur zum Sammeln der Wertstoffe.

Herr Pescher, recht herzlichen Dank für das Gespräch.

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