Das Schließen von Stoffkreisläufen als Nachhaltigkeitsziel ist in aller Munde. Das funktioniert bei PET-Getränkeflaschen in Deutschland seit vielen Jahren vorbildlich.
In unserer Interview-Reihe sprachen wir mit Beate Schwarz, Geschäftsführerin der PET Recycling GmbH, einem der Petcycle-Recyclingpartner. Das Recyclingunternehmen aus Göppingen gilt als einer der Vorreiter bei der Umsetzung eines geschlossenen Kreislaufs für PET-Getränkeflaschen. Das Petcycle-Stoffkreislaufsystem ist für das Unternehmen ein Best-Practise-Beispiel für die vollständige Nutzung von recyceltem PET.
Frau Schwarz, die jetzige „Corona-Krise“ ist für die Recyclingbranche Gift, weil sich recyceltes PET nur sehr schwer vermarkten lässt. Dies hängt mit dem starken Rückgang der PET-Neuwarenpreise zusammen. Wie beschreiben Sie die aktuelle Situation für Ihr Recyclingunternehmen?
Beate Schwarz: Es ist richtig, dass die Preise für Neuware drastisch zurückgegangen sind. Gleichzeitig sind auch die Preise für Rezyklate gesunken. Natürlich haben auch wir mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen. Der Absatz ist extrem schwierig, der Lagerbestand steigt. Da wir aber mit unseren Partnern das sogenannte „Closed Loop“ Verfahren anwenden (ein geschlossener Kreislauf von der Befüllung der Flasche über die Sammlung des Leergutes, das Recyceln und der Preform-Herstellung) konnten und können wir trotz der schwierigen Situation produzieren. Natürlich gab es auch „schwache“ Monate.
In Deutschland werden praktisch alle PET-Flaschen sortenrein gesammelt. Es steht genügend Flaschenmaterial zur Verfügung und muss dann nur noch „gesäubert“ werden. Warum ist das PET-Recycling zu neuen Getränkeflaschen unter diesen Voraussetzungen preislich nicht günstiger als die Herstellung der PET-Neuware?
Beate Schwarz: Zum einen hat die Neuware den einen Vorteil, dass diese nach der Produktion direkt zu Granulat verarbeitet werden kann, zum anderem ist dies dem Thema „Rohölpreis“ geschuldet. Sinkt der weltweite Rohölpreis, sinken auch die Kunststoffpreise rapide. Wir sehen das auf dem Markt für PET-Flakes deutlich.
Nun ist der ganze „Kreislaufapparat“ für das Flaschenrecycling recht aufwendig und es entstehen in diesem Zusammenhang nicht unerhebliche Kosten für z.B. Transport, Sortierung, Ballenpressung usw. Dazu addieren sich die Kosten für den Einkauf der verpressten PET-Flaschen. Alle diese Kosten müssen wir auf unsere Fertigware übertragen.
Ihr Unternehmen PET Recycling in Eislingen setzt mit den Partnern „Abfüller“ und „Preformhersteller“ einen geschlossenen Stoffkreislauf für PET-Getränkeflaschen um, d.h. aus einer gebrauchten Flasche wird wieder eine Neue. Was sind die Voraussetzungen dafür und gibt es aus Ihrer Sicht dafür ein Best-Practise-Modell?
Beate Schwarz: Ja, das gibt es und wir setzen dies schon seit mehr als einem Jahrzehnt um. Es verlangt zuverlässige und kompetente Partner. Voraussetzung ist eine partnerschaftliche Kooperation zwischen Brunnen, PET-Aufbereiter und Recyclathersteller.
Unser Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Qualität der Inputware und der PET-Flakes, z. B. keine Vermischung von Discounter- und Brunnenware. Die Brunnen nehmen die PET-Flaschen aus dem Sammelkreislauf zurück und pressen diese zu Ballen. Wir holen die Ballen in einer gebündelten Entsorgungslogistik mit anderen Abfallfraktionen ab und recyceln diese zum Flake. Für den Waschprozess nutzen wir die Abwärme aus einem anderen Recyclingprozess. Die Flaschen kommen überwiegend aus der Region.
Diesen Kreislauf sehen wir als ein Best-Practise-Modell. Es findet keine Sortierung mehr statt, wie z.B. bei Discounterware – bei denen verschiedenfarbige Flaschen erst sortiert werden müssen. Die nahezu 100% transparenten Flaschen aus den Mineralbrunnen können direkt bei uns verarbeitet werden.
Hier spiegeln sich hohe Qualität, Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung in allen Prozeßschritten wieder.
Die Vorgaben der EU sehen vor, dass ab dem Jahr 2025 PET-Flaschen in Europa aus mindestens 25% recycelten Material bestehen müssen. Wie sehen Sie die Materialverfügbarkeit, zumal es in vielen Ländern der EU noch keine Sammelsysteme bzw. Recyclinganlagen für PET-Flaschen gibt?
Beate Schwarz: Nach unserem Kenntnisstand ist der technische Einsatz von Rezyklaten von 50% und mehr heute schon möglich. Unsere Kunden setzen mindestens 60 bis 100% der Rezyklate in den PET-Flaschen ein. Somit ist die EU-weite Zielvorgabe eigentlich zu gering.
In anderen Ländern ist das aber ein Problem. Warum kaufen z.B. Österreich und die Schweiz Flaschen vom deutschen Markt? Weil das deutsche Pfand- bzw. Rücknahmesystem in der Qualität in anderen Ländern noch nicht vorhanden ist.
In Deutschland ist das kein Problem, da das Pfandsystem sicherstellt, dass die leeren PET-Flaschen nicht in den Hausmüll gelangen. Die Materialqualität auf unserem deutschen Markt ist gegenüber der Qualität anderer europäischer Länder hervorragend und somit ein großer Vorteil. Dort gilt es nun, die Qualität des Rezyklats zu verbessern und auf einem hohen Level zu halten, um das Recyclingverfahren u. U. beliebig oft wiederholen zu können. Daran arbeiten wir ständig. Das ist ein Ansatz, um eine kontinuierliche Materialverfügbarkeit zu gewährleisten.
Einige Abfüller in Deutschland setzen bereits heute Getränkeflaschen aus 100% recycelten PET ein. Können wir für den deutschen Markt in absehbarer Zeit komplett auf den Einsatz von PET-Neuware in Getränkeflaschen verzichten?
Beate Schwarz: Technisch gesehen ist das heute schon möglich – jedoch hat der Endkunde gewisse optische Anforderungen. Auch unsere langjährigen Partner haben sich dieses Ziel gesetzt. Die Erhöhung des Rezyklat-Anteils in den PET-Flaschen wird in Zukunft immer wichtiger.
Einige unserer Partner haben sich verpflichtet, nur Preforms mit 55% recyceltem PET einzusetzen, andere verwenden heute schon über 75% Recyclat in den Petcycle-Flaschen.
Wir sind bestrebt, eine immer bessere Qualität der PET-Flakes zu produzieren, um so den Anteil der Neuware schneller zu verringern und ggf. völlig darauf verzichten zu können.
In Deutschland werden nahezu nur PET-Flaschen recycelt. Warum erfolgt kein Recycling von PET-Schalen oder PET-Folien? Am Material kann es doch nicht liegen, oder etwa doch?
Beate Schwarz: Das liegt hauptsächlich am getrennten Erfassen der PET-Schalen. Diese landen heute im günstigsten Fall bei den Dualen Systemen. Das Recycling von PET-Schalen ist möglich, aber der Absatz für PET-Schalenrezyklate fehlt.